17.01.2023

PROJEKT „ERWACHSENWERDEN IN DER PANDEMIE - MELANCHOLIE“

Bist du einsam? Are you lonely? Wir lassen dich nicht allein. We won’t leave you alone.

Wie verlief das Leben und Erwachsenwerden in den Zeiten der Coronapandemie? Was sind die Folgen? Wie gehe ich mit dem Alleinsein, mit Einsamkeit um? Der Blick in die Geschichte der Menschen: Überleben gelang früher nur in Gemeinschaft – brauchen wir die anderen heute noch immer? Oder sind wir uns selbst genug? Bedeutet Alleinsein immer auch Einsamkeit? Wie halte ich in Krankheit, Isolation, Quarantäne den Kontakt zur Außenwelt, zu meiner Familie, zu Freunden, zu meinem/r Liebsten? Was gibt mir Kraft, die Isolation zu ertragen? Glaube ich an die Liebe? Gibt sie mir Kraft und Hoffnung? Wovor habe ich Angst? Stelle ich mich meinen Ängsten und kämpfe somit gegen sie an? Wem kann ich vertrauen? Kann ich überhaupt jemandem vertrauen? Gehört Melancholie zum Leben? Was kann ich selbst für mich tun? Innehalten und die Ruhe genießen in Zeiten der medialen Reizüberflutung? Was macht die Digitalisierung mit uns? Lebe ich ein reales Leben?

Diese Fragen versuchten Schüler_innen aus zwei Berufsfachschulklassen für sich ganz persönlich zu beantworten. Dabei boten sich Parallelen aus der Geschichte KRABAT von Ottfried Preußler an. Abgerundet wurde das Projekt mit einem Besuch des gleichnamigen Balletts in der Choreografie von Demis Volpi in Düsseldorf. Unterstützung gab Michael Foster, ehemaliger Solotänzer, nun Choreograph und Leiter „Tanz mit“ von der Deutschen Oper am Rhein mit einem vorbereitenden Körpersprache- und Tanzworkshop vor dem Ballettbesuch. Und „nebenbei“ fanden hier die beruflichen Schlüsselkompetenzen aus dem Fach Personalprozesse in der Praxis Anwendung - Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Respekt, Höflichkeit, dem Anlass angemessene Kleidung…

Und warum KRABAT? Ottfried Preußlers Roman ist weit mehr als nur ein Märchen. Es ist ein zeitloser Roman über das Erwachsenwerden, über Selbstfindung und über die schwierigen Entscheidungen, die jeder junge Mensch im Laufe seiner Entwicklung treffen muss.

Krabat ist im Kosmos der Schwarzen Mühle gefangen, quasi in Quarantäne, in Isolation. Und wie im Lockdown konnte niemand aus der Schwarzen Mühle hinaus oder gar entfliehen. Und niemand durfte hinein, es hätte Gefahr oder Tod bedeuten können. Ähnlichkeiten zur Coronapandemie gab es also einige, auch wenn wir in der Pandemie den Vorteil von Nahrung, Wärme, Fernsehen und Smartphone hatten. Und allein das sollte uns Kraft und Hoffnung geben, den Blick bewusst und dankbar auf das zu lenken, was uns tagtäglich und fast selbstverständlich an Wertvollen umgibt.

FÜR INTERESSIERTE: ZUM ROMAN KRABAT

Der Roman, geschrieben von Ottfried Preußler, ist zugleich seine Geschichte. Preußler deutet damit seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg an, in den er nicht nur als Neunzehnjähriger eingezogen wurde, sondern nach dem er auch fünf Jahre in russischer Gefangenschaft verbringen musste. Ottfried Preußler lässt seinen Roman zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges spielen und seine eigenen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg mit einfließen. Dennoch ist die Geschichte zeitlos.


Der Kosmos Mühle ist ein Ort der Vernichtung, ein Ort, an dem buchstäblich Menschen und jegliche Menschlichkeit zermahlen werden. Die Gesellen versuchen, in diesem Kosmos zu überleben; um die grausame Wahrheit zu ertragen, leugnen sie sie. Sie schauen systematisch weg, wenn einer ihrer Mitgesellen dem Meister zum Opfer fällt, und hoffen, dass sie verschont bleiben werden.

Krabat weigert sich, sich anzupassen, er weigert sich, wegzuschauen und das Unrecht, das seinen Freunden angetan wurde, zu vergessen, auch wenn er sich damit selbst in Gefahr bringt. Der Verlust der Identität und Menschlichkeit der Gesellen wird sinnbildlich durch die Rabengestalt.

Das Motiv der Treue und der Liebe als Erlösung und Befreiung ist im Ballettkanon ein bekanntes: Nur die wahre Liebe kann von einem Fluch befreien. Das gleiche Motiv findet man in einigen Märchen, z. B. in Die Wilden Schwäne. Das Thema Gefangenschaft in Vogelgestalt – an und für sich ein Paradox, denn die Fähigkeit zu fliegen sollte eigentlich Freiheit bedeuten – greift Preußler auf. In Krabat werden die Gesellen in Raben verwandelt, die als Aasfresser meist negative Assoziationen wecken, aber auch häufig für Weisheit stehen.

Es bedarf eines menschlichen Herzens, um sie zu erlösen. In Krabat kann dieses »Wieder-Mensch-werden« als Wiedergeburt gedeutet werden. Krabat beginnt sein neues Leben gestärkt durch die erlösende Kraft der Liebe - er, das Waisenkind, ist nicht mehr allein. KH